Mathe war in der Schule nie ein Problem für den achtjährigen Moritz, Lesen dagegen schon. Wort für Wort kämpft er sich beim Vorlesen durch den kurzen Satz, der auf einer kleinen Karte steht: "Der Hase hat nun eine Karotte bekommen." Als er fertig ist, lehnt er sich stolz in seinem Stuhl zurück und geht dann zu einem Flipchart, wo er ein weiteres Detail an einem Gemeinschaftsbild weitermalen darf. Nadine van Lück, die die Lerntherapie im Caritas-Centrum in Geldern leitet, lobt ihn für seine Leistung. Dann ist der nächste an der Reihe. Die vorzulesenden Sätze werden immer länger, die Anforderungen steigen. Später stehen noch Spiele mit dem Mathe-Ball und der Murmelbahn auf dem Programm.
"Wichtig ist, dass die Kinder Spaß an der Sache haben", sagt Nadine van Lück, die die Lerntherapie als selbständiges Angebot in den Räumen der Caritas durchführt. Deshalb arbeitet sie mit den Kindern oft mit spielerischem Lernmaterial, das viele Sinne anspricht und die Lerninhalte vor allem auch visuell veranschaulicht.
Im Gegensatz zur klassischen Nachhilfe geht es bei der Lerntherapie nicht darum, Unterrichtsstoff nachzuarbeiten, sondern darum, so genannte Teilleistungsstörungen zu beheben, die nicht im Unterricht ausgeglichen werden können. "Die betroffenen Kinder gelten in der Schule häufig als unkonzentriert, weil sie nur mit hohem Energieaufwand dem Unterricht folgen können und dann irgendwann abschalten", sagt Nadine van Lück. Im Deutschunterricht fällt es ihnen schwer, Wortgrenzen zu erkennen oder Rechtschreibregeln anzuwenden. In Mathe fehlt das Mengenverständnis auch bei kleineren Zahlen.
Daniela Konrad, die Mutter von Moritz, ist dankbar, dass ihr Sohn die Möglichkeit hat, an der Lerntherapie teilzunehmen. "Da ist ganz viel Druck von uns Eltern und von Moritz abgefallen, als klar war, es liegt nicht an ihm oder an uns, dass er Schwierigkeiten im Unterricht hat", sagt sie. Auch Kathrin Weber, deren Sohn Raphael ebenfalls die Lerntherapie besucht, ist erleichtert: "Nachdem klar war, dass Raphael kein ADHS hat, bin ich froh, dass ihm hier geholfen wird."
Die Lerntherapie erfolgt immer in enger Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrern. Nach einem Erstgespräch wird ein individueller Förderplan erstellt. "Wir bearbeiten dann die größte Baustelle zuerst, damit das Kind möglichst schnell Lernerfolge sieht", sagt Nadine van Lück. Bis alle Lücken in den Basiskompetenzen geschlossen sind, kann es ein bis zwei Jahre dauern. Aber schon jede gute Note im jeweiligen Problemfach ist ein Erfolg für die Kinder.
Die Lerntherapie wird in den Caritas-Centren in Geldern durch Nadine van Lück und in Straelen durch Britta Sensen angeboten. Interessierte können sich telefonisch in Geldern unter 02831 9102-300 oder in Straelen unter 02834 915190 sowie per E-Mail unter lerntherapie@caritas-geldern.de melden. Die Kosten für die Lerntherapie (ab 42,50 Euro pro Monat) können in bestimmten Fällen auch vom Jugendamt übernommen werden.